Sonntag, 27. April 2014

in Kapital 4/2014 6 Seiten über Asbeck mit farbefrohen Bildern und einigen doch recht interessanten Details....

DER MISSERFOLG IST EIN WAISENKIND
Wie nur hat Frank Asbeck diese Lastenverteilung
hinbekommen? Zu erzählen
ist eine wahre Geschichte wie aus dem
Märchenbuch des Kapitalismus.
Es war einmal in den kalten, dunklen
Tagen des noch jungen Jahres 2013, da
erschien Asbecks Lage nahezu aussichtslos.
Schon seit Längerem verliert
Solarworld mit jedem ausgelieferten
Solarmodul Geld. Chinesische Anbieter
überschwemmen den Markt und verderben
die Preise. Drastisch sind Kassenbestand
und Eigenkapital des deutschen
Marktführers geschrumpft.
Wie soll Asbeck da noch die Schulden
begleichen? Mit mehr als 950 Millionen
Euro steht das Unternehmen bei Gläubigern
in der Kreide. 355 Millionen entfallen
auf Schuldscheindarlehen, die
Geldhäuser wie die Postbank sowie
etliche Landesbanken und Sparkassen
gewährt haben. 550 Millionen stecken in
zwei Anleihen. Gut 52 Millionen Euro
schuldet Solarworld der Europäischen
Investitionsbank.
Eines der Schuldscheindarlehen ist
Anfang 2014 fällig. Am Kapitalmarkt
glaubt kaum noch einer an die termingerechte
Rückzahlung. Am Anleihemarkt
wechseln die Bonds schon zu 40 Prozent
ihres Nominalwerts den Besitzer.
Um Weihnachten 2012 herum wird
auch der ersten Bank die Sache zu heiß.
Die Sachsen LB verkauft ein 75-Millionen-
Euro-Darlehen mit einem Abschlag
von rund 80 Prozent. Die anderen Geldhäuser,
die davon hören, werden nervös.
Asbeck: „Da lief eine Kettenreaktion ab.“
Am Abend des 24. Januar 2013 muss
der Solarworld-Chef den Offenbarungseid
leisten: Seine Firma könne nur überleben,
wenn Banken und Anleihegläubiger
auf einen Teil ihrer Forderungen
verzichten müssen, heißt es sinngemäß
in der Ad-hoc-Mitteilung.
„Der Misserfolg ist ein verdammtes
Waisenkind“, erinnert sich Asbeck.
Manch Unternehmer habe sich in ähnlicher
Situation vor den Zug geworfen,
sagt er in Anspielung auf Adolf Merckle.
Für ihn kommt das natürlich nicht
infrage. Er beschließt, den Kampf aufzunehmen
und sich bis zum erfolgreichen
Abschluss einen Bart stehen zu lassen,
regelmäßig gestutzt auf acht Millimeter.
Mehr sichtbares Zugeständnis an die
Ausnahmesituation lässt er nicht zu.
Frech fordert er die etwa 35 Schuldscheingläubiger
bei ersten Treffen in der
Solarworld-Zentrale am Bonner Rheinufer
dazu auf, dass sie die Sanierung
der Firma bezahlen. Sie sollen einfach
auf zwei Drittel ihrer Forderungen verzichten.
Schließlich habe er seinen persönlichen
Haircut schon hinter sich.
Das stimmt. Einerseits. Asbecks Aktienpaket
ist zu dem Zeitpunkt nur noch
ein paar Milliönchen wert, nicht mehr
eine Milliarde wie zu Hochzeiten. Ande-
rerseits hat er zwischendurch ordentlich
Kasse gemacht. So erlöste er aus Aktienverkäufen
rund 250 Millionen Euro.
Die Banker sind stocksauer. Viele weigern
sich, mit dem Patriarchen zu reden.
„You had your chance“, so die überwiegende
Meinung. Deshalb nehmen fortan
Profis die Sache in die Hand. Aufseiten
von Solarworld sind das der Insolvenzspezialist
Hans-Gerd Jauch und die Restrukturierungsberater
von Houlihan
Lokey. Die Banken lassen sich von der
Kanzlei Schultze & Braun vertreten.
Immerhin hält die Asbeck-Fraktion
einen Trumpf in der Hand: ein Gutachten
der Kölner Kanzlei Görg. Darin steht
geschrieben, dass die Banken aller Voraussicht
nach nicht mehr als 7,5 Prozent
ihrer Forderungen bekommen, wenn sie
die Darlehen fällig stellen und Solarworld
in die Insolvenz treiben sollten.
Die ungewöhnlich niedrige Quote hat
mit langlaufenden Verträgen zu tun, die
Solarworld mit Lieferanten für Silizium,
dem Rohstoff aller Solarzellenproduktion,
abgeschlossen hat. Im Fall einer
Pleite hätten sie unmittelbar Forderungen
von mehreren Hundert Millionen
Euro geltend gemacht.
DIE MÄCHTIGSTE FRAU AM GOLF
Dann doch lieber das Geschäft fortführen,
mit dem unvermeidlichen Asbeck
an der Unternehmensspitze, so der Rat
der Solarworld-Vertreter an die Banker.
Vielen reicht es indes. Sie geben ihre
Darlehensverträge weiter, vor allem an
den Hedgefonds Strategie Value Partners
(SVP), in Deutschland von Hermann-
Josef Woltery (49) geführt. Der hagere
kleine Mann, der zackige Bürstenschnitte
bevorzugt und auf dessen Gesicht
kaum je ein Lächeln steht, hat ganz andere
Interessen als die Banker. Er spekuliert
auf den Wiederaufstieg und präferiert
einen möglichst hohen Abschlag bei
den Schulden, die er zum Superdiscount
aufgekauft hat. Im Gegenzug will er Aktien
bekommen. Und die können nach
der Restrukturierung umso besser performen,
je unbelasteter die Gesellschaft
dasteht.
Ende April gelingt die Einigung mit
den Schuldscheingläubigern, der in den
folgenden Monaten noch die Anleihegläubiger
und die Aktionäre zustimmen.
Demnach können die Bondsinhaber 55
Prozent ihrer Forderungen in neue Aktien
eintauschen, die die Gesellschaft
nach einem Kapitalschnitt ausgibt. Der
Rest soll in einigen Jahren ausbezahlt
werden. Die Altaktionäre werden dagegen
so gut wie enteignet. Für 150 Aktien
bekommen sie einen neuen Anteilschein
(siehe Grafik Seite 56).
Vermutlich hätte sich Großaktionär in
spe Woltery (am Ende hat er sämtliche
Schuldscheindarlehen eingesammelt)
gar nicht auf den Deal eingelassen, wenn
Frank Asbeck nicht über beste Beziehungen
zur mächtigsten Frau am Persischen
Golf verfügte: Scheicha Musa, Gattin des


manager magazin 4/2014 55

Emirs von Katar. Die Schöne aus dem
Morgenland sichert das Investment des
Hedgefondsmanagers ab.
„Frank“, wie Ihre Hoheit den Solarworld-
Chef nennt, hat die Monarchin
schon Vorjahren mit seinem tiefen Glauben
an den Segen der Solartechnik für
sich eingenommen.
Seit 2010 ist die von Scheicha Musa gemeinsam
mit ihrem Mann geführte Qatar
Foundation Partner von Solarworld
bei Qatar Solar Technologies. Das Gemeinschaftsunternehmen
baut gerade
für 1,3 Milliarden Dollar ein Werk, das
hochreines Silizium für die Solarindustrie
in dem Sonnenstaat hersteilen soll.
Firmenchef Khalid Al Hajri zeigt
sich besorgt, als Asbeck die Solarworld-
Probleme im Januar 2013 offenbart. Sein
Land braucht das Technik-Know-how
der Deutschen.
Also bietet er Hilfe an. Was braucht
ihr?, fragt er Asbeck. Und gewährt Solarworld
schließlich einen 50-Millionen-
Euro-Kredit, der erst 2019 zurückgezahlt
werden muss. Außerdem soll die der
Foundation allein gehörende Obergesellschaft
Qatar Solar dann für 35 Millionen
Euro ein 29-Prozent-Paket an der sanierten
Solarworld übernehmen.
Eine Morgengabe aus dem Orient, die
Frank Asbeck schon wieder von großen
Dingen träumen lässt; die Idee dazu
kommt ihm bei der Zeitungslektüre.
Im März vergangenen Jahres - mitten
in den Verhandlungen mit den Schuldscheingläubigern
- erfährt er so von der
Verzweiflung des Bosch-Konzerns. Der
hat unmittelbar vor Ausbruch der Branchenkrise
ein ambitioniertes Solargeschäft
aufgebaut. Inzwischen ist die Lage
so ausweglos, dass er es abstoßen, notfalls
auch abwickeln will.
Asbeck schreibt einen langen Brief
an Bosch-Chef Volkmar Denner. Er bedauere
das Scheitern, sorge sich, dass
Spitzentechnologie aus dem Land abfließen
oder gar für immer verschwinden
könne. Er regt an, das Know-how doch
einfach beim Fraunhofer-Institut zwischenzulagern,
bis es der deutschen
Solarindustrie wieder besser gehe. Am
liebsten aber würde er das Forschungswissen
und einzelne Fabriken selbst
übernehmen. Allerdings befinde er sich
unglücklicherweise in einer Restrukturierung,
was ihm die Hände binde.
So kommt er mit den Stuttgartern ins
Gespräch. Im Laufe der Zeit werden ge-
bei der Vorderseite des Moduls, Bosch
hat ein neues Verfahren für die Rückseite
in Arbeit, das den Wirkungsgrad erhöht.
Aber Denner und Hartung wollen sichergehen,
dass Solarworld die Geschäfte
auch tatsächlich weiterführen kann.
Ein bloßes Ausschlachten der Fabrik
kommt für sie nicht infrage. Eine Analyse,
mit der Denner und Hartung den
Hausprüfer PwC beauftragen, der schon
das Fortführungsgutachten für die Solar -
world-Sanierung gemacht hat, beseitigt
die Zweifel.
EINE LANDEBAHN FÜRS GLÜCK
Ohne satte Mitgift ist die Sache allerdings
nicht zu stemmen. Asbeck ringt
Bosch 120 Millionen Euro Anschubhilfe
ab, die an einen zweijährigen Businessplan
gekoppelt ist. Obendrauf gibt es
noch Materialvorräte in Wert von 10 Millionen
Euro.
Das ist freilich nicht alles. Zu den erworbenen
Assets gehört auch ein Waferwerk,
in dem Silizium unter hohem Energieeinsatz
zu Meinen Scheiben - einem
Vorprodukt der Solarzelle - verarbeitet
wird. Laut Vertrag muss Asbeck die
Produktion nicht fortführen. Sein Plan
ist vielmehr, die Anlage nach Katar zu
verkaufen. Das wird voraussichtlich ein
weiteres Sümmchen einbringen. Der Neupreis
des unlängst aufgebauten Maschinenparks
liegt bei 100 Millionen Euro.
Besser geht’s kaum. Oder wie Asbeck
formuliert: „Man muss dem Glück auch
eine Landebahn bauen.“
Zwischen Oktober 2013 und dem 24.
Januar dieses Jahres, an dem die komplizierten
Tauschaktionen von Anleihen
und Aktien starten, holt Frank Asbeck
noch mal raus, was rauszuholen ist. Der
bis dahin größte Aktionär verkauft die
meisten seiner Altanteile an der matten
Solarfirma, für gut 14 Millionen Euro.
Der Zeitpunkt ist klug gewählt. Der
Kurs der Solarworld-Aktie ist zwischenzeitlich
hochgeschossen, weil Hedgefonds,
die auf einen weiteren Verfall des
Papiers gewettet hatten, sich mit Aktien
eindecken müssen. Asbeck spricht von
einer „Opportunität“, die jeder Aktionär
habe nutzen können. Stimmt.
Nur drei Tage nach der letzten Order
kommt indes heraus, dass Asbeck ta tsächlich
allen Grund zum Handeln hatte.
Denn auf Solarworld lasten Entschädigungsansprüche
von drei Siliziumlieferanten
über mindestens 623 Millionen
Euro. Dies geht aus dem am 27. Januar
veröffentlichten Prospekt für die neuen
Solarworld-Aktien hervor.
„Sollten auch nur einzelne von den Lieferanten
erhobene Ansprüche in voller
Höhe oder teilweise bestehen, so würde
sich dies in erheblichem Maße negativ
auf die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage
der Solarworld-Gruppe und somit
der Emittentin auswirken und könnte
zur Insolvenz der Emittentin führen“, ist
da bedrohlich formuliert.
In den bisherigen Jahres- und Zwischenberichten
hatte die Asbeck-Truppe
das Risiko stets nur vage beschrieben,
aber nie als existenzgefahrdend bezeichnet.
Und nie war es beziffert worden.
Bereits eine Woche später erfolgt der
erste Einschnitt: Solarworld kündigt eine
Abschreibung in hoher zweistelliger Millionenhöhe
an, weil man sich mit einem
der Siliziumlieferanten in der Causa geeinigt
habe. Dabei handelt es sich offenbar
um Wacker Chemie.
Im Laufe dieses Jahres wird es wohl
weitere Vergleiche mit Rohstofflieferanten
geben - mit entsprechenden Belastungen
aufseiten von Solarworld. Jetzt
sollen nur noch wahre Werte zählen.
Real Value - das ist (statt des abgenutzten
„Sun at work“) künftig der Leitspruch
des Unternehmens.
Hat Asbeck zum Zeitpunkt der letzten
Aktienverkäufe gewusst, wie sehr die
Rohstoffverträge im Feuer stehen? Er
selbst versichert, alles sei sauber zugegangen.
Mögliche Hinderungsgründe für
die Geschäfte seien geprüft worden.
Verhandlungsgeschick, Chuzpe, ein
ausgeprägter Sinn für den eigenen Vorteil
- Frank Asbeck hat bei der Rettung
von Solarworld viele Talente unter Beweis
gestellt. Dazu gehören auch Charme
und ein Witz zur rechten Zeit. Damit
zieht Asbeck im Sommer 2013 etliche geknickte
Anleihegläubiger auf seine Seite.

TROST FÜR DIE GLÄUBIGER

Nachdem er ihnen im alten Bonner Bundestag
das harte Verzichtkonzept unterbreitet
hat, ermuntert er sie mit der Geschichte
vom Rabbi, der nicht schlafen
kann. Als die Ehefrau den Rabbi nach
dem Grund fragt, beichtet er, dass er dem
Nachbarn Menachem Geld schulde, es
aber nicht zurückzahlen könne. „Sag das
doch gleich“, erwidert die Frau. Sie steht
auf, öffnet das Fenster und ruft zum
Nachbarn rüber: „Menachem! Komm
mal ans Fenster. Der Rabbi schuldet dir
doch eine große Summe, die er morgen
zurückzahlen soll. Das kann er aber
nicht.“ Dann legt sie sich wieder ins Bett
und sagt zu ihrem Mann: „So, Rabbi, jetzt
kann Menachem auch nicht schlafen!“
Der Trost verfängt.
Inzwischen schlafen alle Beteiligten
wieder ruhiger. Für das kommende Jahr
ist bei Solarworld der Turnaround geplant.
Sollte er tatsächlich gelingen, können
die ehemaligen Gläubiger, die jetzt
vor allem Aktionäre sind, auf Kurszuwächse
hoffen und so einen Teil ihrer
Verluste wettmachen.
Zu den Profiteuren würde dann einmal
mehr auch Frank Asbeck gehören. Gemäß
dem Sanierungsabkommen hat er
unlängst für zehn Millionen Euro neue
Aktien erworben, womit er wieder rund
20 Prozent des Kapitals hält.
So ist er zwar irgendwie mittendrin.
Aber im Grunde doch eher obenauf.

Thomas Werres

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Die Banker sind stocksauer. Viele weigern
sich, mit dem Patriarchen zu reden.
„You had your chance“, so die überwiegende
Meinung. Deshalb nehmen fortan
Profis die Sache in die Hand. Aufseiten
von Solarworld sind das der Insolvenzspezialist
Hans-Gerd Jauch und die Restrukturierungsberater
von Houlihan
Lokey. Die Banken lassen sich von der
Kanzlei Schultze & Braun vertreten.
Immerhin hält die Asbeck-Fraktion
einen Trumpf in der Hand: ein Gutachten
der Kölner Kanzlei Görg. Darin steht
geschrieben, dass die Banken aller Voraussicht
nach nicht mehr als 7,5 Prozent
ihrer Forderungen bekommen, wenn sie
die Darlehen fällig stellen und Solarworld
in die Insolvenz treiben sollten.
Die ungewöhnlich niedrige Quote hat
mit langlaufenden Verträgen zu tun, die
Solarworld mit Lieferanten für Silizium,
dem Rohstoff aller Solarzellenproduktion,
abgeschlossen hat. Im Fall einer
Pleite hätten sie unmittelbar Forderungen
von mehreren Hundert Millionen
Euro geltend gemacht.

1 Kommentar:

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